Der Exekutivdirektor der Versicherungs- und Pensionsfondsaufsicht, Dr. Frank Grund, sprach auf der GDV-Konferenz über die aktuelle Lage und künftige Herausforderungen in der Versicherungsindustrie.
Dr. Grund ist der Ansicht, dass die Versicherungsbranche, ungeachtet der aktuellen geopolitischen und ökonomischen Herausforderungen, stabil positioniert ist. Die Ertragschancen der Versicherungsunternehmen, insbesondere bei Lebensversicherern und Pensionskassen, haben durch den Zinsanstieg zugenommen. Dies kommt den Kunden zugute, da ihnen die höheren Kapitalerträge zugute kommen. Die Solvenzquoten sind ebenfalls gestiegen, was eine positive Entwicklung darstellt.
Dr. Grund betonte jedoch, dass der Zinsanstieg und die Inflation auch Risiken mit sich bringen. Stille Lasten in den Handelsbilanzen könnten sich ergeben, er sieht aber derzeit kein großes Problem für Lebensversicherer und Pensionskassen.
Die Inflation erhöht die Kosten der Versicherer und macht Schäden teurer, insbesondere in der Sachversicherung. Die Schadenreserven in einigen Sparten, vor allem bei Kfz-Versicherungen, sind gestiegen. Die Beiträge in der gesamten Schaden-/Unfallversicherung sind im Vergleich zum Vorjahresquartal um 6 Prozent gestiegen, was auf eine Erhöhung des Prämienniveaus hinweist.
Im Bereich der Digitalisierung sprach Dr. Grund die Notwendigkeit für Versicherungsunternehmen an, den technologischen Fortschritt zu nutzen und ihre Geschäftsmodelle zu überdenken. Besonderes Augenmerk legte er auf die Risiken von Cyberattacken und hausgemachte IT-Vorfälle. Die BaFin arbeitet daran, Versicherungsunternehmen widerstandsfähiger gegen IT-Risiken zu machen und fordert strenge IT-Sicherheitsstandards ein.
Versicherungsunternehmen müssen laut Dr. Grund nicht nur IT- und Cyberrisiken berücksichtigen, sondern auch die Auswirkungen von Nachhaltigkeitsrisiken genau untersuchen. Sie sollten intensiv erforschen, welche Implikationen eine Erhöhung der Temperatur auf ihre Unternehmen und Geschäftsmodelle hätte. In diesem Zusammenhang ist Transparenz von entscheidender Bedeutung, wozu Offenlegungsvorschriften beitragen. In Anerkennung der weit verbreiteten traditionellen Lebens- und Rentenversicherungen in Deutschland hat die BaFin den Zuordnungsansatz entwickelt und ein zugehöriges [Merkblatt]/https://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Pressemitteilung/2023/pm_2023_05_08_Merkblatt_kapitalbildende_LV.html?nn=7846930) zur Konsultation bereitgestellt (bitte eventid=20768 beachten). Dieser Ansatz ermöglicht es den Versicherern, traditionelle Lebensversicherungsprodukte mit einem Schwerpunkt auf Nachhaltigkeit anzubieten.
Für die BaFin ist Nachhaltigkeit ein wesentliches Thema, das sowohl die von ihr überwachten Unternehmen als auch die Verbraucher betrifft. Die BaFin hat ihre Sichtweise auf die Herausforderungen, die die Umstellung auf eine CO2-arme Wirtschaft mit sich bringt, sowie ihre Rolle in diesem Prozess in ihrer Sustainable-Finance-Strategie dargelegt (bitte eventid=21835 beachten).
In Bezug auf die Retail-Strategie der EU-Kommission äußerte Dr. Grund seine Skepsis gegenüber einem absoluten Provisionsverbot und betonte die Notwendigkeit einer angemessenen Vergütung für Beratungsdienstleistungen. Die BaFin konzentriert sich darauf, überhöhte Kosten und Provisionsexzesse zu verhindern und unterstützt den Ansatz der EU-Kommission, die Beratungsanforderungen im Interesse der Kunden zu erhöhen.
Abschließend betonte Dr. Grund die Robustheit der Versicherungsbranche angesichts der aktuellen Herausforderungen und ermutigte die Unternehmen, sich auf zukünftige gesellschaftliche Veränderungen und technologische Fortschritte vorzubereiten.
