Am 1. Juni 2023 wurden auf einer Konferenz des GDV die vielfältigen Aspekte und Herausforderungen der von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen Kleinanlegerstrategie (Retail Investment Strategie, RIS) diskutiert. Das zentrale Ziel des Vorschlags ist die Förderung von Kleinanlegern auf dem europäischen Kapitalmarkt. Trotzdem wurden von den Teilnehmern zahlreiche offene Fragen und Bedenken zum Ausdruck gebracht.
Unter den Diskussionsthemen waren die Informationsanforderungen an Anleger, der Zugang zu Produkten und Finanzberatung sowie die angemessene Kontrolle von Kosten und Verbraucherschutz. Lenka De Mauro vom GDV betonte die Notwendigkeit, eine Balance zwischen diesen Aspekten zu finden und gleichzeitig eine Harmonisierung der Vorschriften für Banken, Fonds und Versicherer zu erreichen.
Marcel Haag von der EU-Kommission erklärte, dass Vertrauen der Hauptfokus der RIS sein sollte und dass partielle Provisionsverbote helfen könnten, Interessenkonflikte zu minimieren. Reinder Van Dijk, Vertreter von Oxera, einem Beratungsunternehmen für Wirtschaft und Finanzen, warnte jedoch vor einer ausschließlichen Fokussierung auf Provisionsverbote. Er stützte seine Argumentation auf eine Studie über Vergütungssysteme im Versicherungsvertrieb, die Oxera im Auftrag des GDV durchführte, um die Pro und Contra von Provisionsverboten zu beleuchten (bitte eventid=21543 beachten).
Die Bedeutung von Transparenz und Vertrauen wurde von Nicola Beer, Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments, unterstrichen. Sie argumentierte für transparente Kostenstrukturen und gegen Preiskontrolle durch Benchmarks. David Cowan von der europäischen Aufsichtsbehörde EIOPA hingegen sieht in den vorgeschlagenen Benchmarks kein Instrument der Preiskontrolle, sondern einen sich ständig aktualisierenden Referenzpunkt.
Das Thema Vertrauen in Beratungsleistungen und die Fähigkeit von Kleinanlegern, relevante Informationen aus der Informationsflut herauszufiltern, waren ebenfalls Diskussionspunkte. Michael Fauser, Vorstandsvorsitzender der ERGO Vorsorge Lebensversicherung AG, betonte die Notwendigkeit, Informationspflichten zu modernisieren und zu verschlanken.
Zum Abschluss hob Jawed Barna, Vorstandsmitglied der Zurich Versicherung, die Wichtigkeit der finanziellen Bildung hervor, die in den Vorschlag der Kommission aufgenommen wurde. Er betonte, dass die Regulierung auf das tatsächliche Verhalten der Menschen abgestimmt sein sollte, um den Erfolg der RIS zu gewährleisten.